Jede Person in Deutschland hat das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und das Recht am eigenen Bild. Diese Rechte können durch bestimmte Verhaltensweisen massiv verletzt werden. Zum Beispiel, wenn jemand intime oder sexualbezogene Bildinhalte ohne Erlaubnis der Betroffenen erstellt oder verbreitet. Dieser Themenbereich klärt darüber auf, welche verschiedenen Formen der bildbasierten sexualisierten Gewalt es gibt und welche Rolle der missbräuchliche Einsatz von künstlicher Intelligenz (Deepnudes, Deepfakes) dabei spielt. Auf dieser Seite geben wir zudem Tipps und zeigen Handlungsmöglichkeiten für Betroffene und ihre Unterstützer*innen auf.

Was ist bildbasierte sexualisierte Gewalt?

Von „bildbasierter sexualisierter Gewalt“ spricht man, wenn eine oder mehrere der folgenden Situationen eintreffen. Digitale Technologien werden gezielt dazu genutzt, um intime und sexualbezogene Medieninhalte  

  1. ohne Zustimmung der betroffenen Person zu verbreiten,
  2. ohne Zustimmung der betroffenen Person zu erstellen,
  3. deren Verbreitung anzudrohen.

Bei den Medieninhalten kann es sich um Bilder sowie Videos handeln. In Fachkreisen wird auch von „Image based sexual abuse“ (IBSA) gesprochen, dem bildbasierten sexuellen Missbrauch. Auf den Unterseiten Verbreitung sexualisierter Aufnahmen, Erstellung sexualiisierter Aufnahmen und Erpressung mit sexualisierten Aufnahmen erhalten Sie detailierte Informationen und Beispiele, die unter bildbasierte sexualisierte Gewalt fallen.

Die Bezeichnung „bildbasierte sexualisierte Gewalt“ macht das Ausmaß und die erheblichen Schäden deutlich, die Betroffene dadurch erleiden u.a. die Verletzung ihrer Würde, sexuellen Privatsphäre und Autonomie. Diese Schäden können sich negativ auf ihre psychische Gesundheit auswirken. Fest steht: Sexualisierte Gewalt durch Bilder ist eine Form des Missbrauchs und ist für Betroffene hochgradig belastend.

KI erleichtert bildbasierte sexualisierte Gewalt

Das Manipulieren von Medieninhalten ist kein neues Phänomen. Auch nicht im Bereich intimer und sexualbezogener Aufnahmen. Programme wie Photoshop revolutionierten zum Beispiel schon in den 1990er Jahren die digitale Bildbearbeitung und eröffneten damit auch neue Wege „Fakes“ zu erstellen. Tools wie diese machten es möglich, dass die „professionelle“ Bildbearbeitung über den reinen Expertenkreis hinaus, Einzug in die privaten Haushalte fand. Dennoch war die Nutzung solcher Bearbeitungsprogramme immer auch mit einem gewissen Know-how, Kosten- sowie Zeitaufwand verbunden. Durch künstliche Intelligenz, genauer gesagt, die Fortschritte im Bereich generativer KI, haben sich die Möglichkeiten der Manipulation heute jedoch grundlegend verändert.  

Generative KI-Technologien ermöglichen es, dass Medieninhalte wie Texte, Bilder, Videos oder Audioaufnahmen verändert und sogar künstlich hergestellt werden können. Das Besondere daran ist vor allem die Masse und zunehmend hohe Qualität der manipulierten Bildinhalte.Online erhält jeder leicht Zugang zu zahlreichen KI-Tools, die in der Testversion zunächst kostenlos sind. Mit nur wenigen Klicks lassen sich innerhalb kürzester Zeit beliebig viele Inhalte erstellen. Für die Nutzung solcher Anwendungen ist meist nicht viel technisches Vorwissen notwendig. Je nachdem wie gut das Programm ist, ist die Qualität der Ergebnisse recht hoch. Künstlich erzeugte Inhalte lassen sich dann nur schwer von realen Aufnahmen unterscheiden. 

Selbstverständlich können KI-basierten Tools positiv und sinnvoll genutzt werden. Zunehmend werden sie jedoch auch missbräuchlich eingesetzt. Zum Beispiel, um sexuelle Bilder und Videos von Menschen zu erzeugen. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich Deepnudes und Deepfake-Pornos zunehmend zu einem Problem.

Für viele Betroffene spielt es keine Rolle, ob Aufnahmen „echt“ sind oder ob es sich um Fakes handelt, die mithilfe von KI erstellt wurden. Sie sind einer Situation ausgeliefert, in der sie gezielt bloßgestellt und erniedrigt werden. Sind solche Bilder oder Videos erstmal im Umlauf, kann das für die betroffene Person extrem rufschädigend sein oder auch soziale Ausgrenzung zur Folge haben. Im schulischen Umfeld, im Privaten, bei der Jobsuche sowie im Beruf. Betroffene werden daher auch immer von der Angst begleitet, dass andere diese Inhalte sehen könnten. Selbst wenn es sich „nur“ um Fakes handeln sollte: Je besser die Fälschungen sind, desto schwerer ist es andere davon zu überzeugen, dass die Inhalte nicht der Wahrheit entsprechen.

Wie kann ich Betroffene unterstützen?

Wir haben uns an dieser Stelle darum bemüht, die Tipps allgemein zu formulieren, damit sie für eine möglichst große Gruppe hilfreich sind. Bedenken Sie daher bitte beim Lesen, dass es einen großen Unterschied macht, ob es sich bei den Betroffenen um Kinder, Jugendliche oder Erwachsene handelt. Missbrauchsabbildungen von Kindern gelten rechtlich als Kinderpornografie und unterliegen einem absoluten Besitz- und Verbreitungsverbot. Auch Jugendliche (Personen zwischen 14 und 18 Jahren) sind in Deutschland gesetzlich besonders geschützt. Sollten Sie also mit intimen Bildinhalten von Kindern oder Jugendlichen konfrontiert werden, informieren Sie sich bei Meldestellen oder der Polizei über das richtige Vorgehen. Wichtig ist, dass Sie sich nicht selbst strafbar machen. Grundsätzliche Informationen dazu finden Sie in unserem Artikel „So reagieren Sie richtig auf Missbrauchsdarstellungen im Netz“.

Wenn intime Aufnahmen erstellt oder verbreitet worden sind, dann machen Sie den Betroffenen keine Vorwürfe! Das könnte dazu führen, dass Betroffene sich zurückziehen und wichtige Hilfe ablehnen. Wichtig ist es, dass Sie der betroffenen Person das Gefühl vermitteln, dass sie bei Ihnen sicher ist und verstanden wird. Machen Sie sich und anderen klar, dass der Unrechtsmoment in der unerlaubten Verbreitung und Erstellung der Bilder oder Videos liegt. Bestärken Sie die Betroffenen in ihrer Entscheidung, sich Hilfe zu holen und sich mit ihrem Problem jemandem anzuvertrauen. Das erfordert viel Überwindung und Mut.

Scheuen Sie sich nicht, nach selbst- oder fremdgefährdenden Gedanken oder Handlungen zu fragen. Schützen Sie so die seelische und körperliche Gesundheit des Betroffenen und Dritter. Überlegen Sie gemeinsam mit der betroffenen Person, wie die Gefährdungslage deeskaliert werden kann und welche Personen damit betraut werden müssen.

Es gibt viele Hilfsangebote, die sich speziell dem Thema bildbasierter sexueller Gewalt angenommen haben. Betroffene finden dort Unterstützung und können sich beraten lassen. Auch Personen, die selbst nicht bertoffen sind aber helfen wollen, finden dort Beratung. Weiter unten haben wir die Kontaktdaten einiger Hilfs- und Beratungsstellen für Sie zusammengetragen.

Wenn intime Bilder oder Videos erst einmal online sind, ist es für Betroffene wichtig, dass sie schnell wieder verschwinden. Alle großen Plattformen wie zum Beispiel Facebook, Twitter und TikTok bieten die Möglichkeit, solche Inhalte zu melden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, die Inhalte bei einer Meldestelle (jugendschutz.net und www.internet-beschwerdestelle.de) zu melden.  

Der Dienst Take It Down verhindert die Verbreitung intimer Bilder von Personen unter 18 Jahren. Hier können Minderjährige intime Bilder von sich mit einem digitalen Fingerabdruck (genannt Hash-Wert) versehen lassen. Dadurch können die Bilder und Videos nicht mehr auf den teilnehmenden Plattformen hochgeladen werden. Mehr Informationen zu Take it Down gibt es hier.

Der Dienst StopNCII funktioniert ähnlich wie Take It Down, aber richtet sich an Personen über 18 Jahren.

Es kann vorkommen, dass sich Betroffene plötzlich Hilfe ablehnen. Hintergrund davon kann sein, dass sie Angst bekommen bei dem Gedanken, dass weitere Personen hinzugezogen werden müssen (zum Beispiel Beratungsstellen oder die Polizei). Suchen Sie in dem Fall weiterhin das Gespräch, sichern Sie Unterstützung zu und machen Sie Betroffenen Mut.

Hilfe- und Beratungsstellen

Nummer gegen KummerKinder- und Jugendtelefon (anonym und kostenlos). Rufnummer: 116 111 (Mo-Sa von 14-20 Uhr) sowie Online-Beratung per Mail oder Chat. Elterntelefon (anonym und kostenlos). Rufnummer: 0800 111 0 550 (Mo-Fr 9-17 Uhr, Di-Do 9-19 Uhr.). Website: www.nummergegenkummer.de.  

Juuuport: Kostenlose Beratungsstelle von jungen Menschen für junge Menschen. WhatsApp-Beratung oder E-Mail unter: https://www.juuuport.de/hilfe/beratung.

HateAid: Kostenlose Beratungsstelle für Betroffene digitaler Gewalt. Rufnummer 030 25208838 (Mo 10-13 Uhr | Di 15-18 Uhr | Do 16-19 Uhr). E-Mail: beratung@hateaid.org. Website: www.hateaid.org/betroffenenberatung.

Hilfe-Telefon sexueller Missbrauch: Anonyme, kostenlose und mehrsprachige Hilfe und Beratung. Rufnummer 0800 22 55 530 (Mo, Mi, Fr 9-14 Uhr | Di, Do 15-20 Uhr) sowie unter Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch.

Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe: www.aktiv-gegen-digitale-gewalt.de/de/.

Was kann ich als Betroffene*r tun?

Auch hier haben wir uns bemüht, die Tipps für Betroffene von bildbasierter sexualisierter Gewalt allgemein zu formulieren, damit sie für eine möglichst große Gruppe hilfreich sind. Bedenken Sie daher bitte beim Lesen, dass es einen großen Unterschied macht, ob es sich bei den Betroffenen um Kinder, Jugendliche oder Erwachsene handelt. Missbrauchsabbildungen von Kindern gelten rechtlich als Kinderpornografie und unterliegen einem absoluten Besitz- und Verbreitungsverbot. Auch Jugendliche (Personen zwischen 14 und 18 Jahren) sind in Deutschland gesetzlich besonders geschützt.

Sollte jemand von sexualisierter Gewalt durch Bilder betroffen sein, ist es ratsam sich zunächst bei Beratungsstellen darüber zu informieren, was das richtige Vorgehen ist. Auch die Polizei ist ein möglicher Ansprechpartner. Erste Informationen finden Sie auch in unserem Artikel „So reagieren Sie richtig auf Missbrauchsdarstellungen im Netz“. Dort wird u.a. erklärt, inwiefern Beweise zu sichern sind und welche Möglichkeiten es für die Meldung und Anzeige von Inhalten gibt.

Es ist wichtig, die Sicherheitseinstellungen in den Sozialen Netzwerken so zu wählen, dass möglichst wenig Privates öffentlich ist. Der Profilname sollte keinen Rückschluss auf den echten Namen, das Alter oder den Wohnort enthalten. Je nach Plattform kann man einstellen, ob Fremde das eigene Profil sehen können, ob sie einem Nachrichten schreiben oder Beiträge kommentieren können. Je restriktiver die Einstellungen sind, desto sicherer. Diese Einstellungen können auch nachträglich getroffen werden. Manche Plattformen bieten die Option, das Profil zu deaktivieren. So kann man in Ruhe überlegen, wie man weiter vorgeht. Auf unseren Themenseiten gibt es weitere Informationen zu den Einstellungen bei Instagram, TikTok und Co.

Du musst diese Situation nicht alleine durchstehen. Wenn Du Bezugspersonen hast, denen du dich anvertrauen kannst, solltest du das unbedingt tun. Wenn du das Gefühl hast, dass du mit niemandem in deiner Umgebung sprechen kannst, gibt es viele anonyme Hilfsangebote. Im Kasten oben haben wir mehrere Beratungsstellen aufgeführt, bei denen man anonym und kostenlos Hilfe findet - per Telefon, E-Mail oder auch im Chat.

Alle großen Plattformen wie zum Beispiel Facebook, Instagram und TikTok bieten die Möglichkeit, solche Inhalte zu melden. Allerdings kann dieser Prozess lange dauern. Falls die Meldung bei der Plattform aus irgendeinem Grund nicht gut funktioniert, gibt es auch die Möglichkeit, den Vorfall einer Meldestelle (Jugendschutz.net und Internet-Beschwerdestelle) mitzuteilen.

Der Dienst Take It Down (deutsch: Lösch das) möchte die ungewollte Verbreitung intimer Bilder von Minderjährigen verhindern. Wenn du dir Sorgen machst, dass intime Bilder im Netz auftauchen könnten, kannst du diese Aufnahmen bei „Take It Down“ mit einem „digitalen Fingerabdruck“ (genannt Hash-Wert) versehen lassen. Dieser Fingerabdruck wird an alle teilnehmenden Plattformen weitergegeben. Das hat zur Folge, dass auf diesen Plattformen niemand mehr diese Inhalte hochladen kann. Mehr Informationen dazu, wie sich Take it Down nutzen lässt, gibt es hier. Für alle Personen über 18 Jahren gibt es den Dienst StopNCII.

Zahle kein Geld, wenn du mit intimen Aufnahmen erpresst wirst. In den meisten Fällen hören die Forderungen dann nicht auf, sondern gehen unvermindert weiter. Denn jetzt wissen die Täter*innen, dass es bei dir Geld zu holen gibt und werden versuchen, noch mehr Geld zu erpressen. Dasselbe gilt auch, wenn Täter*innen weitere intime Aufnahmen haben wollen und damit drohen, ansonsten bereits existierende Aufnahmen zu veröffentlichen. Diese Täter*innen hören danach nicht auf ihre Opfer zu belästigen, sondern haben immer mehr Material in die Hände, mit dem sie Druck ausüben können. Vertraue daher keinen Versprechungen von Menschen, die dich erpressen.

Das kannst du tun:

  • Hole Dir bei Beratungsstellen Hilfe (siehe Kasten oben),
  • erstatte Anzeige bei der Polizei
  • verhindere die Verbreitung von Bildern im Vorfeld (siehe Tipp oben). 

Informationen für Jugendliche

Das können betroffene Jugendliche aktiv tun, wenn Nacktbilder von ihnen im Netz sind: Praktische Infos bei Handysektor und Anna Nackt.